Untersuchungen zeigen, dass israelbezogener Antisemitismus unter Muslimen überdurchschnittlich weit verbreitet ist – andere Formen von Antisemitismus jedoch nicht. Ob und wie sich dies in antisemitischen Handlungen niederschlägt, bleibt unklar, da relevante Statistiken keine Angaben zur religiösen Zugehörigkeit der Täter im klassischen Sinne machen.
Eine Befragung aus 2019 zeigt, dass Muslime in Deutschland deutlich empfänglicher für antisemitische Stereotype sind als der Bevölkerungsdurchschnitt (49 Prozent versus 15 Prozent). Nicht alle Formen des Antisemitismus sind dabei unter Muslimen überrepräsentiert: Während israelbezogener Antisemitismus überdurchschnittlich häufig auftritt, zeigen sich bei klassischen Formen wie Holocaustleugnung oder -relativierung keine erhöhten Zustimmungswerte. Die Ursachen für dieses vielschichtige Bild lassen sich nur schwer eindeutig bestimmen. Der aktuelle Forschungsstand ist, dass vor allem eine fundamentalistische Auslegung des Islams eine zentrale Rolle bei der Neigung zu antisemitischen Ressentiments spielt, nicht jedoch die Religiosität eines Moslems als solche.
Laut Bundeskriminalamt wurden im Jahr 2024 insgesamt 6.236 antisemitische Straftaten registriert – so viele, wie noch nie. Die meisten dieser Taten (ca. 48 Prozent) konnten dem rechten politischen Spektrum zugeordnet. 685 Delikte (ca. 11 Prozent) wurden dem Phänomenbereich „religiöse Ideologie“ zugeordnet. Der größte Tatanstieg wurde, was direkt mit dem 7. Oktober und den darauffolgenden Kriegen in Verbindung steht, im Bereich „ausländische Ideologie“ verzeichnet.
Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) dokumentiert antisemitische Vorfälle in Deutschland unabhängig davon, ob diese strafrechtlich relevant sind oder nicht. In dem RIAS-Bericht 2024 wurden von insgesamt 8.627 erfassten Vorfällen 26 Prozent dem antiisraelischen Aktivismus zugeordnet und 2 Prozent einem islamisch/islamistischen Hintergrund.
Beide Statistiken machen keine Angaben zur religiösen Zugehörigkeit der Täter im klassischen Sinne. Zudem bleiben viele Vorfälle unzugeordnet, was die Interpretation weiter erschwert.
Weiterführende Informationen:
- Bundesverband RIAS e.V.: „Jahresbericht 2024“, 04.06.2025.
- Bundeskriminalamt: „Politisch motivierte Kriminalität: Höchster Anstieg seit Beginn der Erfassung“, 20.05.2025.
- Hasselmann, Donata: „Antisemitismus unter Muslimen und Menschen mit Migrationshintergrund“, 19.04.2023, in Mediendienst Integration.
- Öztürk, Cemal: „Antisemitismus unter Muslim:innen: Warum eine kritisch-differenzierte Debatte notwendig ist“, 26.11.2024, in Bundeszentrale für politische Bildung.
- Thaidigsmann, Michael: „Importierter Hass?“, 01.05.2023, in Jüdische Allgemeine.
- Von Marschall, Christoph: „Straftaten unter dem Radar der Polizei“, 15.05.2021, in Tagesspiegel.
- Westdeutscher Rundfunk Köln: „Antisemitismus unter Muslimen: Wie groß ist das Problem in Deutschland?“, 26.10.2023.