Der antisemitische Mythos beruht auf historisch geprägten Vorurteilen und ist fest mit der langen Geschichte der Ausgrenzung von Juden in Europa verbunden.
Die Vorstellung von Juden als besonders vermögend ist keineswegs eine neue Erfindung. Das antisemitische Vorurteil geht bis ins Mittelalter zurück. Zu dieser Zeit hatte der Antijudaismus, also der Judenhass aufgrund der Religionszugehörigkeit, eine besondere Bedeutung. Das Judentum wurde als Gegner des Christentums verstanden und die mehrheitlich christlich geprägte Gesellschaft in Europa versuchte auf verschiedenen Wegen Juden zu bewegen zum Christentum zu konvertieren. Die Kirchen erließen Gesetze, die die jüdischen Gemeinden von der christlichen Bevölkerung abgrenzten und auf unterschiedliche Weisen zu ihrer gesellschaftlichen Diskreditierung und Diskriminierung beitrugen. Infolgedessen waren Juden in Europa oft nicht sehr angesehen.
Etwa zeitgleich entwickelte sich auch das Geldgeschäft, das den einfachen Tausch von Waren und Gütern schrittweise ablöste. Es etablierte sich das Banken- und Finanzwesen und es entstand der neue Beruf des Geldverleihers, der von Christen und Juden gleichermaßen ausgeführt wurde. Durch die Konkurrenz der Bankkaufleute kam es allerdings immer wieder zu Auseinandersetzungen, bei denen auch die ohnehin bestehende Abneigung gegenüber Juden als Grundlage genutzt wurde, um jüdische Geldleiher vom Markt zu verdrängen. So wurden die religiösen Motive des Judenhasses mit ökonomischen Motiven in Verbindung gebracht. Generell entwickelte sich im Mittelalter eine tiefe Ablehnung gegenüber dem Finanzwesen, da scheinbar Geld ohne Arbeit verdient wurde. So entstand das Bild des Geldverleihers als Wucherer, der stets viel zu hohe Zinsen für seine Geldleihen verlangte. Das Wort Wucher war ursprünglich nur das deutsche Wort für den Zins. Schnell begann sich auch die Kirche mit dem Finanzwesen auseinanderzusetzen und verhängte bald ein „Wucherverbot“, das es Geldleihern verbot unverhältnismäßig hohe Zinsen zu erheben.
Historisch wird außerdem oft darauf verwiesen, dass Juden das Ausüben von Handwerksberufen gesetzlich verboten war und sie deshalb besonders oft im Finanzwesen tätig wurden. Zwar ist es richtig, dass in vielen Regionen Westeuropas die jüdische Bevölkerung von der Mitgliedschaft in Zünften und Gilden des Handwerks ausgeschlossen war und viele Juden in diesen Regionen deshalb im Finanzwesen arbeiteten, dies war jedoch keinesfalls überall der Fall. In Osteuropa gab es stets zahlreiche jüdische Handwerker in unterschiedlichen Berufen. Vor diesem Hintergrund war es das Zusammenspiel verschiedener Faktoren, das zu dem antisemitischen Mythos des reichen Juden führte. Der Ausschluss von Juden aus Handwerksgilden war dabei nur ein Faktor.
Die gedankliche Verbindung von Juden mit Geld und Handel ist auch weiterhin eine feste Komponente des modernen Antisemitismus. So stehen Namen wie Rothschild oder Mark Zuckerberg noch heute stellvertretend für den angeblichen jüdischen Reichtum auf der Welt und dienen als Symbolbilder für den Kapitalismus. Diese Stereotype sind nur deshalb weit verbreitet, da der Mythos des reichen Juden auf dieser langen Geschichte aufbauen kann. In der Realität sind Juden keinesfalls reicher als der restliche Teil der Gesellschaft. In Deutschland sind etwa jüdische Menschen aus der ehemaligen UdSSR überdurchschnittlich oft von Altersarmut bedroht.
Ausführlichere Informationen:
https://antisemitismus.wtf/reiche-juden/
https://www.anders-denken.info/informieren/judenfeindschaft-der-antike-und-im-mittelalter